Der Valentinstag als Lifestyle-Diktat
Genau wie auf das Weihnachtsgeschäft so ist auch auf den Umsatz zum Valentinstag Verlass. Jedes Jahr werden pünktlich zum 14. Februar Blumen und Pralinen geordert und auch die Juweliere reiben sich schon die Hände angesichts des garantierten Einnahmen-Boosts. Doch es bleibt die Frage: Ist dieses geplante Zelebrieren der Liebe nicht genau das Gegenteil von Romantik und Tiefgang? Ein Plädoyer für die Alltagsliebe.
Wir werden schon früh programmiert: Der Valentinstag ist der vermeintliche Inbegriff von Romantik
Denke ich jetzt als Frau Anfang 30 zurück, war mein Bild vom Valentinstag in jungen Jahren vor allem medial geprägt: Filme und Serien (hauptsächlich aus den USA) suggerierten mir schon als Teenager, dass jeder einen „Valentinsschatz“ braucht und das sogar in einem Alter, in dem ich gefühlt gerade aus dem Spielen mit Barbies raus war. Natürlich gab es in der Schule auch ein paar der coolen Teenie-Paare, die dieses Bild bestätigten. Da gab es eine rote Rose vom Taschengeld oder eine handgeschriebene Karte.
Man muss als junges Mädchen und Frau schon sehr charakterstark sein, um dieser Gehirnwäsche Stand zu halten. So setzt sich dieses Muster bei den meisten Frauen auch im Erwachsenenalter fort (mich eingeschlossen). Gerade weil Frauen sich auch immer vergleichen, habe ich mir von meinem Freund und auch meinem jetzigen Ehemann früher immer eine romantische Geste gewünscht: Der Strauß rote Rosen, ein Schmuckstück und Pralinen. Es war doch eigentlich so einfach, oder? Natürlich wurde mir dieser Wunsch auch ein paar Mal erfüllt. Dennoch muss ich rückblickend sagen, dass es in meinen Zeiten als Single nicht diese vermeintlich romantischen Gesten waren, die mir fehlten, sondern der gemeinsame Alltag.
Warum soll uns ein Datum diktieren, wann wir unsere Liebe feiern?
Wer den Valentinstag aufrichtig liebt und als Paar gerne feiern möchte, wieso nicht? Oft sieht die Situation aber doch eher so aus, dass die Männer sich genötigt und unter Druck gesetzt fühlen, die vermeintlichen Wünsche ihrer Partnerin zu erfüllen und dabei ein ähnlicher Erfolgsdruck auf ihnen lastet wie beim Thema Hochzeit.
Die Ironie an der Sache: Am Ende gehen dabei oft die Authentizität und der persönliche Bezug verloren. Stattdessen sammeln sich die verzweifelten Männer am 14. Februar wie in einem traurigen Auffangbecken bei den Floristen, um wie die zig Geschlechtsgenossen vor ihnen ein kleines Vermögen für die langstieligen roten Rosen auszugeben. Wäre diese Geste nicht viel bedeutsamer, käme sie als Überraschung im Alltag?
Echte Nähe und Liebe entstehen im Alltag
Für eine ernste Beziehung sind es meiner Meinung nach sowieso die anderen Tage im Jahr, die zählen. Die ganz normalen, langweiligen und auch manchmal nervigen Tage. Nicht Weihnachten, Silvester oder Geburtstag – die Tage, an denen die gesellschaftliche Erwartung uns diktiert, dass man einander die Liebe beweist. Warum? Weil echte Liebe und Romantik kein Etikett brauchen und für mich vor allem von Ehrlichkeit und Nähe lebt, und die entsteht im Alltag.
Kleine Gesten, die zeigen, dass der andere dich kennt und an dich denkt. Eine Post-it am PC, eine kurze Nachricht vor der wichtigen Präsentation, sich das Essen im Restaurant zu teilen (oder in meinem Fall Verständnis dafür zu haben, dass ich mein Essen für mich alleine will), Medizin mitzubringen, wenn der andere krank ist. Diese Liste ließe sich ewig fortsetzen und das Schöne ist: sie sieht für jedes Paar anders aus.
Man kann über aufrichtige Gefühle und über lange Zeit gewachsene Intimität keine Blaupause ziehen oder ihr eine Marketinghülle überstülpen. Das heißt, falls du am 14. Februar vielleicht enttäuscht ist, weil du wieder kein „perfektes Geschenk“ zum Valentinstag bekommen hast, denke mal daran, wie glücklich du warst, als dein Freund dir das letzte Mal deine Lieblingsschokolade mitgebracht hat. Denn manchmal sind es die kleinen Gesten, die rückblickend doch für ganz große Gefühle stehen.
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Am Valentinstag verwandeln sich viele Männer scheinbar über Nacht in Gentlemen, doch im Alltag scheint dieser Typus Mann irgendwie ausgestorben zu sein. Apropos inszenierte Liebe: Jährlich kämpfen bei „The Bachelor“ Frauen um einen vermeintlich perfekten Rosenkavalier. Warum macht man als Frau bei so einem Format mit? Nicht nur dem Partner, sondern auch Eltern und Großeltern sollten wir öfter ohne Anlass unsere Zuneigung und Bewunderung zeigen, denn sie rocken einfach.
Titelbild: Photo by Wyron A on Unsplash