Das ist aber fancy! Warum Anglizismen manchmal nerven
Ich liebe die deutsche Sprache, ihre Vielfalt und die Fülle an Wörtern. Trotzdem sind natürlich auch einige Anglizismen in meinen Sprachgebrauch übergegangen und das ist auch völlig normal. Es gibt aber Momente, in denen ich mich gerade im beruflichen Kontext frage: Ist das jetzt Fachjargon oder Wichtigtuerei?
NICHT SO NICE: WENN MAN ZU COOL FÜR DEUTSCH IST
„Das ist dann einfach deep!“ oder „Ich fühle den Flow noch nicht“ sind noch zwei der harmloseren Beispiele von Anglizismen, wie sie mir schon des Öfteren begegnet sind und die bei mir einen Mix aus Verwunderung und peinlicher Berührung hinterlassen haben. Nur, dass kein falscher Eindruck entsteht: Ich habe nichts gegen eine Prise Englisch, denn die Weltsprache ist nun mal omnipräsent. Ich benutze zum Beispiel manchmal den Ausdruck „off-topic“ und auch mit dem Zusatz „fyi“ (For your information) in E-Mails habe ich kein Problem. Und dann gibt es natürlich auch Wörter wie „Sorry“, die ich schon fast gar nicht mehr als Englisch wahrnehme. Aber wenn die Sprache nur benutzt wird, um etwas Profanem einen vermeintlich coolen Anstrich zu verpassen, bin ich raus.
Weit verbreitet ist ja in der Geschäftswelt zum Beispiel der „Call“. Dahinter verbirgt sich natürlich nur das gute alte Telefonat oder auch die Telko (Telefonkonferenz). Aber es klingt natürlich viel wichtiger, wenn man als Business Man oder Woman in sein Smartphone flötet: „Ich muss auflegen, ich habe gleich noch einen Call.“ Man ist eben einfach busy! Das ist übrigens auch noch so ein Wort, das mir nie in einem deutschen Satz über die Lippen käme. Ebenso zieht sich in meinem Magen alles zusammen, wenn jemand (und zwar kein 14-jähriger Kevin) mit ernsthafter Miene sagt: „Das ist jetzt nicht so nice!“ oder „Das ist ja lame!“. Klingt nach Übertreibung? Ich wünsche, es wäre so.
ANGLIZISMEN SOLLEN DIE SPRACHE PIMPEN
Brechen wir Sprache mal ganz nüchtern und vereinfacht auf ihre Funktion herunter, ist sie ein Werkzeug. Sie soll auf möglichst kurzem Weg Informationen oder auch Gefühle vermitteln. Da wir Menschen aber mit unserer Art zu sprechen eben nicht nur nüchtern Inhalte transportieren, sondern auch unser Bild nach außen (man könnte auch sagen Image), neigen manche Menschen meiner Meinung zum Modus „Pimp your speech“. Gerade in der Kreativbranche tummeln sich meiner Meinung nach besonders viele unsichere Narzissten, die sich beweisen wollen, wie unfassbar wichtig ihre Arbeit und natürlich auch sie selbst sind.
Es ist ihnen ja auch nur bedingt vorzuwerfen, denn ihr ganzer Kosmos besteht aus „Pitches“ „Designs“ und „Moodboards“. Der Ursprung dafür liegt ja auch schon darin, dass Software oft in der englischen Version verwendet wird und die englischsprachigen Länder uns eben oft voraus sind. Vielleicht hilft mir diese Ansicht dabei, etwas entspannter zu sein, wenn mein Gegenüber das nächste Mal Formulierungen wie „total random“ ausspuckt. Das sind keine arroganten Lackaffen und Wichtigtuer, die sind einfach kosmopolitisch und weltoffen ihrer Zeit voraus!
DAS INTERESSIERT DICH AUCH
Ein Anglizismus, den wir definitiv begrüßen: Bei Sober Sensation Partys wird ganz ohne Alkohol gefeiert. „Karma is a bitch!“ heißt ein Spruch, denn oft müssen wir lange oder auch vergebens warten, bis das Schicksal endlich seinen Job macht. Der etwas morbide anmutende englische Begriff „Swedish Death Cleaning“ steht für ein System, das Ordnung in unser Leben bringt.